IIII. Von den wilden vn[d] vnsteten meiden vn[d] vo[n] u[e]beln weiben vn[d] vo[n] den meiden di man vnzeitich ze manne geit.

309 Kurzen muot und langez hâr
310 Habent die meide sunderbar,
311 Die zuo irn tagen kumen sint.
312 Diu wal machet in daz herze blint.
313 Diu ougen zeigent in den wec,
314 Von den ougen gêt ein stec
315 Zuo dem herzen, niht gar lanc.
316 Ûf den stîget manic gedanc,
317 Wen si nemen oder niht.
318 Ouwê wie dicke daz geschiht,
319 Daz genuoge besitzen von der wal,
320 Die si haben âne zal!
321 Diz ist zem êrsten ir gedanc:
322 "Dirre ist kurz, jener ist lanc;
323 Einer ist bartoht und ist alt,
324 Der ander junc und übel gestalt;
325 Dirre ist mager unde smal,
326 Der ist veizet, jener ist kal;
327 Dirre ist edel, der ist swach,
328 Jener selten sper zebrach;
329 Einer ist wîz, der ander ist swarz,
330 Sô heizet einer meister Harz;
331 Der ist bleich, dirre ist rôt,
332 Jener izzet selten frœlich brôt;
333 Dirre ist eigen, jener ist frî
334 (Wölte er, dem lêge ich gerne bî);
335 Dirre ist rîch, jener ist arm
336 (Der enkumt niht an mînen arm);
337 Einer ist des lîbes gar ein zage,
338 Der ander ist ein lôser krage;
339 Einer ist niht gar wol gezogen,
340 Der ander hât meide vil betrogen;
341 Einer ist mir liep, dem bin ich leit
342 (Daz machet sîn unstêtikeit);
343 Einer gêt grînende als ein hunt,
344 Dem andern nie kein zuht wart kunt,
345 Der dritte ist edel und gar ein slunt,
346 Der vierde ein schalc biz an den grunt,
347 Des fünften âdem ist ungesunt,
348 Der sehste hât einen wîten munt,
349 Der sibende kan manigen bœsen funt,
350 Der ahte hât vil manic pfunt
351 Bœslich verzert bî sînen tagen,
352 Als ich sîn friunde hôrte klagen;
353 Dirre ist als ein trester korp,
354 Jenes nase ist als ein sênsen worp,
355 Einer ist wanneht als ein troc,
356 Der ander knorroht als ein stoc,
357 Der dritte ein lînhose und ein soc,
358 Der vierde hât einen blôzen roc,
359 Der fünfte ist gar ein narreboc,
360 Der sehste ein slûch und ein gedroc
361 Der kan sich mûzen als ein habich,
362 Jeme hangent die backen als einem swadich
363 Einem siht man die schultern storren
364 Als bockes hörner und rindes knorren
365 Dirre ist gelwer denne ein wahs,
366 Jener snûdet als ein dahs;
367 Disem gestrichen lît sîn vahs
368 Als ein niuwe gebürstet flahs;
369 Die nasen dirre ûf rimpfet,
370 Vil selten jener schimpfet;
371 Einer spilt, der ander stilt,
372 Den dritten bôsheit niht bevilt,
373 Der vierde heimlîche unsanft hilt
374 (Nâch dem mîn herze vil selten quilt
375 Der ist gar als ein lemmelîn ûzen,
376 Doch mac ein wölflîn dâ wol lûzen;
377 Jener wêr gar ein edelinc
378 Denne der ziter helblinc;
379 Dirre ist gar ein sîdenswanz;
380 Jener ist der meide rôsenkranz,
381 Sîn stimme ziert vil wol den tanz:
382 An im lît gar mîns herzen glanz,
383 Wenne er hât gel und reidez hâr,
384 Mit dem ich leider niht getar
385 Mich erkôsen nâch mînem muote
386 Vor der leiden merker huote" :
387 In disem getrehte lît manic maget,
388 Diu selten liep dâ mite bejaget.
389 Ir sült wizzen, diu dâ welt,
390 Daz si dicke ir herze quelt;
391 Diu aber verholn liebe treit,
392 Diu hât verborgen herzenleit:
393 Ir wirt von liebe dicke wê. -
394 Nu mac ich sprechen aber als ê:
395 Die meide vallent nâch der wal
396 Als die birn in dem tal.
397 Diu vorn sölte ir houbet neigen,
398 Diu muoz den liuten irn nac zeigen
399 Wie schœne hâr und zöpfe si habe,
400 Die von dem nacke hangen hin abe:
401 Sô machent diu reiden löckelîn,
402 Daz si als ein rêchböckelîn
403 Vorn wol ûf gerihtet gêt:
404 Meiden ez doch übel an stêt.
405 Gelwe kitel und muorsnitze
406 Lâzent manige meide niht sitze,
407 Die mit flîze arbeiten sölten,
408 Ob si ir zuht behalten wölten:
409 Die loufent hin, die loufent her,
410 Ob ieman dâ sî der ir ger
411 Oder der ir geswenze lobe.
412 Ir manic vert reht als si tobe,
413 Sô si daz swenzelîn vorn an siht:
414 "Nu wol her, wer wil sîn iht"?
415 Trüegen si mentel oder hüllen an,
416 Wîe sölten denne die jungen man
417 Ûf den ahseln die schilte gesehen,
418 Der glenzelîn sol der minner spehen?
419 Und ouch die pâter noster snuor,
420 Diu dicke durch die vinger fuor
421 Ân alle andâht, swenne si den sach,
422 Nâch des liebe si sich brach
423 Vil mêr denne nâch gotes liebe?
424 Verholn liebe wirt ofte ze diebe.
425 Werlt tôrn künnen wunders vil:
426 Des ich nimmer hie schrîben wil,
427 Aleine dâ von nu manige liute
428 Vil lieber hœren sagen hiute
429 Denne von der heiligen schrift lêre:
430 Unsers herren güete müeze uns bekêre!
431 Hôchgültiger schaz wart nie ûf erden
432 Und sol dar zuo ouch nimmer werden
433 Denne der, den tumme meide verliesent,
434 Swâ si unêliche minner erkiesent.
435 Swelhe meide ze manne werdent geben
436 Oder in ein geistlichez leben
437 Von ir muoter werdent genumen
438 Ê si ze iren tagen sîn kumen,
439 Si sîn arm oder rîche,
440 Die mügen wol den birn gelîche
441 Die grüene abe wurden gebrochen,
442 Als ich vor hân gesprochen:
443 Nîeman weiz wie si gerâten.
444 Gesoten und gebrâten
445 Sint grüene birn selten guot:
446 Manic wîp alsam tuot.
447 Selten wirt sînes leides rât
448 Der ein übel wîp gewunnen hât,
449 Wenne nie kein tier erger wart
450 Denne ein wîp von übeler art:
451 Dem aber ein guotiu wirt beschert,
452 Swâ der in dem lande vert,
453 Der muoz sîn ein sêlic man,
454 Wenne si mit irn zühten kan
455 Gemêrn ir beider sêlikeit.
456 Si ist ein krône der wirdikeit,
457 Selten widervert ir leit.
458 Swelch wîp irem manne gern vertreit,
459 Ouch sol der man ir pflegen schône,
460 Sô gibt in beiden got ze lône
461 Daz si mit fröuden alten
462 Und lîp und sêle behalten.

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Administration: Henrike Lähnemann Zuletzt geändert am 26.02.2004