German literature and history
Lecture 3: The Volk in the 18th century

Bibliography

Herder, Johann Gottfried. 'Problem: wie die Philosophie zum Besten des Volkes allgemein und nützlich werden kann' (1765). Sämmtliche Werke. Ed. Bernhard Suphan. Vol. XXXII, 1899. 31-61.

Herder, Johann Gottfried. 'Vorrede' to Volkslieder, 1st ed. (1775). In: Die deutsche Literatur: Texte und Zeugnisse, vol. 5: Sturm und Drang, Klassik, Romantik. Ed. Hans-Egon Hass. München, 1966.

Berghahn, Klaus L. 'Volkstümlichkeit ohne Volk? Kritische Überlegungen zu einem Kulturkonzept Schillers.' Popularität und Trivialität. Ed. Grimm Reinhold and Jost Hermand. Frankfurt a.M., 1974. 51-75.

Kiesel, Helmuth, and Paul Münch. Gesellschaft und Literatur im 18. Jahrhundert. Voraussetzungen und Entstehung des literarischen Markts in Deutschland. München: C.H. Beck, 1977. Beck'sche Elementarbücher. Esp. pp. 48-52, 68-69, 162-163.

Pascal, Roy. The German Sturm und Drang. Manchester: Manchester University Press, 1953, pp. 71-86.

Bruford, W. H. Germany in the Eighteenth Century: The Social Background of the Literary Revival. Cambridge: Cambridge University Press, 1968, pp. 106-124.

Payne, Harry C. 'Elite versus Popular Mentality in the Eighteenth Century.' Studies in Eighteenth-Century Culture. Ed. Roseann Runte. Vol. 8. Madison, Wisc.: Wisconsin U.P., 1979. 3-32.

Sauder, Gerhard. '"Verhältnismäßige Aufklärung": Zur bürgerlichen Ideologie am Ende des 18. Jahrhunderts.' Jahrbuch der Jean Paul Gesellschaft 9 (1974). 102-126.


Passages discussed in the lecture

  1. In einem kleinen Dorfe lebte ein rechtschaffner Mann, der von dem Herrn des Dorfes zum Verwalter gesetzt worden war. Der Mann liebte seine Nebenmenschen, und suchte sie also auf alle Arten glücklich zu machen. Weil aber ein Mensch nicht glücklich werden kann, wenn er nicht gut und verständig ist, so ließ er die Kinder des Dorfs oft zu sich kommen, und lehrte sie, wie sie es machen müsten, um gut und klug, und also glücklich zu seyn. (Johann Georg Schlosser, Sittenbüchlein für die Kinder des Landvolks (1773). In: Kinder- und Jugendliteratur der Aufklärung: Eine Textsammlung, ed. Hans-Heino Ewers, Stuttgart 1980, p.92)

  2. Ihr seyd auf der Welt das Feld zu bebauen […]. Das müsset ihr also immer eure Hauptarbeit seyn lassen. […] Sucht nicht mehr zu wissen, Kinder, als ihr braucht, um als redliche Bauern glücklich zu seyn. Ihr werdet es aber nie werden, wenn ihr, anstatt zu pflügen oder zu erndten, […] da sitzet und leset, was euch nichts angeht, und was ihr vielleicht doch nicht verstehet. Nur dann, wann ihr in eurer Haushaltung, und auf eurem Felde nichts mehr zu thun habt, nur dann mögt ihr lesen. […] Euer Pfarrer wird euch schon sagen, was ihr am besten lesen sollt. (Schlosser, in Ewers, ed., p. 94.)

  3. Alle Philosophie, die des Volks seyn soll, muß das Volk zu seinem Mittelpunkt machen, und wenn man den Gesichtspunkt der Weltweisheit in der Art ändert, wie aus dem Ptolomäischen das Kopernikanische System ward, welche neue fruchtbare Entwickelungen müssen sich hier nicht zeigen, wenn unsre ganze Philosophie Anthropologie wird. (Herder, 'Problem …', p. 61.)

  4. Die Sinnlichkeit (die an sich Pöbel ist, weil sie nicht denkt) […]. (Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798), quoted in Wolfgang Welsch, Ästhetisches Denken, Stuttgart, 1990, p. 27.)

  5. Jede menschliche Seele [ist] in den ersten Jahren gewissermaße Seele des Volks. (Johann Gottfried Herder, 'Vorrede' to Volkslieder, 1st ed. (1775), in Die deutsche Literatur: Texte und Zeugnisse, vol. 5: Sturm und Drang, Klassik, Romantik, ed. Hans-Egon Hass, München 1966, p. 770.)

  6. Soviel ist immer gewiß, ein großer und der größte Teil unsres Wesens ist sinnliche Existenz. (Herder, in Hass, ed., p. 770.)

  7. Und nun sollte ich […] eine […] Vergleichung […] des Resultats machen, das aus einer sinnlichen, wenn auch einfältigen, aber sicheren, kurzen, starken, rührungs- und inhaltvollen Denkart eines Volks entspringt, wie sie etwa Gesänge der […] Art bilden können: und der hohen, ätherischen, unsinnlichen, ganz duft- gewürz- und moralvollen Erziehung, wie sie unsre aufgeklärtere Zeit gibt, und selbst schon bis auf den geringsten Pöbel darauflosstürmt. Soviel ist immer gewiß, ein großer und der größte Teil unsres Wesens ist sinnliche Existenz: also auch Beschäftigung der Sinne und der stärksten sinnlichen Kräfte das Haupstück der Erziehung des Volks und der Kinder. Abstraktion wird immer Zeit gnug kommen und selbst für sich sorgen: wenn nur ihr Grund in wahren Materialien gut gelegt ist. […] Schönes, erleuchtetes Jahrhundert ohne Kräfterregung, Inhalt, Sache und Tat, voll schöner Worte, lieblicher Wendungen, aufgezählter Reime und herrlichkünstlicher Musikstanzen! herrliches Jahrhundert, wo es Hauptkunstgriff wird, die Seele ja […] zur artigen Phrases- Licht- und Vernunftseele zu machen: hast du an Inhalt, Kraft und daurender Glückseligkeit auf die Nachwelt gewonnen oder verloren? (Herder, in Hass, ed., p. 770-771.)

  8. An Sprache, Ton und Inhalt sind [Volkslieder] Denkart des Stamms oder gleichsam selbst Stamm und Mark der Nation. (Herder, in Hass, ed., p. 766.)


  9. Ein kleines Harfenmädchen sang.
    Sie sang mit wahrem Gefühle
    Und falscher Stimme, doch ward ich sehr
    Gerühret von ihrem Spiele.

    Sie sang von Liebe und Liebesgram,
    Aufopfrung und Wiederfinden
    Dort oben, in jener besseren Welt,
    Wo alle Leiden schwinden.

    Sie sang vom irdischen Jammertal,
    Von Freuden, die bald zerronnen,
    Vom Jenseits, wo die Seele schwelgt
    Verklärt in ewgen Wonnen.

    Sie sang das alte Entsagungslied,
    Das Eiapopeia vom Himmel,
    Womit man einlullt, wenn es greint,
    Das Volk, den großen Lümmel.

    Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
    Ich kenn auch die Herren Verfasser;
    Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
    Und predigten öffentlich Wasser.

    Ein neues Lied, ein besseres Lied,
    O Freunde, will ich Euch dichten!
    Wir wollen hier auf Erden schon
    Das Himmelreich errichten.

    (Heinrich Heine, Deutschland: Ein Wintermärchen (1844), I, 13-36)


Return to home page