CXXIII. Von menschen tier vn[d] vogel natur vn[d] der steine.

19161 Swer wölte bedenken waz er wêre
19162 Ê denne sîn muoter in gebêre,
19163 Und wie enge er lac gevangen,
19164 Dô im diu knie wîlent an diu wangen
19165 Ruorten - als noch gesippe sîn
19166 Knie und hüffelîn in latîn -,
19167 Der sölte knie und hüffelîn neigen
19168 Gein sînem schepfer und erzeigen,
19169 Daz er ein kranker sâme wêre
19170 Ê denne sîn muoter in gebêre.
19171 Noch mer könde ich dâ von sagen,
19172 Wölten mir die frouwen ez vertragen:
19173 Des entuont si niht, daz weiz ich wol:
19174 Durch zuht ich dâ von swîgen sol,
19175 Daz mich iht treffe ir zungen schûr.
19176 Ein wênic wil ich doch von natûr
19177 Mit urloube ziehen dâ her în,
19178 Daz zimlich ist und nütze mac sîn:
19179 Stênde, gênde werdent alliu tier
19180 Nâch ir gebürte ê denne wir:
19181 Der mensche aleine mac weder gestên
19182 Noch gesitzen noch gegên.
19183 Nu merket wie daz kume dar!
19184 Daz machet sîn krankiu lipnar,
19185 Mit der er muoz von êrste beklîbe
19186 Beslozzen in sîner muoter lîbe.
19187 Swer der heiligen schrift geloubet,
19188 Der weiz wol wie des menschen houbet
19189 Dem himel gelîch ist überal,
19190 Swie doch sîn fletze si gar smal:
19191 Die bediutunge lâze ich underwegen,
19192 Wenne ich ze verre si müeste wegen.
19193 Des menschen muot wont in den ougen:
19194 Swer ez kan gemerken tougen,
19195 Der vindet zorn, haz und minne
19196 Truren, fröude und liebe dâr inne.
19197 Von grôzem schricken und leider geschihte
19198 Wirt ofte tunkel unser gesihte.
19199 Der mensche hât den kleinsten munt
19200 Nâch sîner grœze, den iezunt
19201 Kein tier hât: waz bediutet daz?
19202 Daz er sî mêzic und niht ein frâz.
19203 Alliu tier ir ôren regent,
19204 Die liute aber ir gar selten wegent:
19205 Daz diutet, swaz guoter lêre dar în
19206 Vallen, daz die behalten sîn.
19207 Swem diu galle ûf der lebern lît,
19208 Der ist freislich alle zît.
19209 [Wizzet doch daz gewonheit
19210 Dem menschen tuot beidiu liep und leit].
19211 Zwuo âdern von dem herzen gênt,
19212 An den die andern alle stênt,
19213 Die sich teilent in den lîben
19214 Beide an mannen und an wîben:
19215 Zwuo liebe von gotes gebote gênt,
19216 An den alle unser lêre stênt:
19217 Die sint daz wir minnen got
19218 Und unser bruoder durch sîn gebot.
19219 Daz herze enmac niht smerzen lîden,
19220 Dâ von muoz ez der tôt vermîden:
19221 Swenne er diu gelit beginnet tœten,
19222 Sô nimt er ez vor ûz den nœten.
19223 Wie aber die liute von herzen stachen
19224 Sochen und ouch von andern sachen,
19225 Daz mac ich niht allez durch schrîben:
19226 Dâ von lâze ich sîn genuoc hie belîben,
19227 Wenne tiefiu buoch geschriben sint
19228 Von der künste, der ich bin blint.
19229 Doch muoz ich noch ein wênic sagen:
19230 Daz süln die wîsen mir vertragen!
19231 Uns schrîbet in sînem Exameron
19232 Sant Ambrôsius alsus vil schôn:
19233 "Ûf zwein beinen der mensche gêt
19234 Als ein vogel, swâ er stêt":
19235 Daz meinet daz er gar hôhe sehe
19236 Und nâch gotes liebe spehe.
19237 Den vetichen sint sîn arme gelîch:
19238 Daz ist ouch bezeichenlîch:
19239 Mit hôhen gedanken sol ez fliegen
19240 Gein himel und niht ûf erden kriegen
19241 Üm irdisch guot, denne als der ar
19242 Hôhe ûf gein den lüften var.
19243 Eyâ got herre, sölte ich durch varn
19244 Mit dîner hilfe, waz an den arn
19245 Dîn hôchgelobtiu wirdikeit
19246 Besunder wunder hât geleit,
19247 An lewen, an hirzen, an den helfant,
19248 An vogel, an manic tier unbekant,
19249 An slangen, an vische und ouch besunder
19250 An würze, an würme und an manic merwunder.
19251 An bluomen, an boume, an edel gesteine,
19252 An berge, an manige brunnen reine,
19253 Daz ich diu möhte mit mînem getihte
19254 Pfaffen und leien alsô verrihte
19255 Als ez geschriben ist in latîn,
19256 Daz si dâ bî gedêhten mîn:
19257 Des wölte ich in ein büechelîn
19258 Vil gerne machen, möhte ez gesîn!
19259 Nu twinget mich daz mich ê twanc:
19260 Iedoch daz si mir sagen danc
19261 Eins riemelîns von der breiten hiute,
19262 Sô wil ich schrîben in ze diute
19263 Etslicher tier natûr besunder,
19264 Bî den si merken gotes wunder.
19265 Doch lât von êrste iu sîn bekant,
19266 Daz allez daz tier ist genant
19267 Daz von sêle und fleische lebet,
19268 Swâ ez gêt, stêt, kriuchet oder swebet.
19269 Der mensche ist herre über alliu tier,
19270 Des wirdikeit iu niht sô schier
19271 Könde ûz gelegen her Salomôn:
19272 Dâ von lâze ich ouch dâ von
19273 Und underwinde mich niht des,
19274 Swaz doch her Aristotiles
19275 Und ander lêrer haben volfüert:
19276 Wirt des ein teil von mir gerüert
19277 Mit kurzen worten und mit glôsen,
19278 Daz ensol nieman verdôsen.
19279 Der lewe ûf erden ist engestlich,
19280 In wazzern süeze und minneclich:
19281 Alsô ist maniger irdischer tratzer muot,
19282 Den riuwen wazzer machet guot.
19283 Der lewe ist âne vorhte niht,
19284 Swenne er einen wîzen hanen siht:
19285 Diz ist ein wunder, daz er fliuhet
19286 Einen kleinen vogel und den schiuhet,
19287 Den manic man und manic tier
19288 niht erschrecken möhten schier:
19289 Seht alsô tuot manic freidiger,
19290 Der fliuhet einen bîhtiger,
19291 Der manigen man bestanden hât
19292 Und manic tier an maniger stat.
19293 Swer pfaffen und münche ungern siht,
19294 Der hât noch mit der werlde pfliht,
19295 Wenne er enhât sîn herze niht
19296 Gerihtet gein himel, des vil geschiht.
19297 Aristotiles und Plînius
19298 Schrîbent in iren buochen alsus:
19299 "Swaz sich dem lewen setzet wider,
19300 Daz würget er gern und wirfet ez nider;
19301 Swaz sich ergibt, swenne er daz siht,
19302 Daz lêt er gên und tuot im niht;
19303 Swaz man gevangen gein im füert,
19304 Daz machet er ledic, dar zuo in rüert
19305 Sîn tugent diu in ist an geborn."
19306 Swer den lewen hât ûz erkorn
19307 Vor andern tiern an sînem schilte,
19308 Der sol sîn tugenthaft und milte.
19309 Der lewe tuot kinden und meiden kein leit
19310 Und schônt an in der reinikeit.
19311 Ô hôch gelobtiu wirdikeit,
19312 Gotes barmherzikeit,
19313 Der sô vil tugende hât geleit
19314 An ein tier, daz ez vertreit
19315 Den die sich vor im ergebent
19316 Und den die reiniclîchen lebent!
19317 Des entuot manic mensche niht,
19318 Als man ofte leider siht!
19319 Des lewen gebeine ist âne marc,
19320 Wenne er von grôzer hitze ist starc:
19321 Als ist der mensche, dem gotes minne
19322 Sîn gelider enzündet ûzen und inne.
19323 Ein siecher lewe ein effin izzet,
19324 Mit der er sîner siuche vergizzet:
19325 Als soltu, siecher, in sünden tuon:
19326 Iz affenspîse vür ein huon
19327 (Daz ist wazzer unde brôt).
19328 Sô fliuhet dîn sêle der êwige tôt!
19329 Wie der lewe jeger triege,
19330 Wie er mit tiern in kreizen kriege,
19331 Wie er drî tage mit heller stimme
19332 Über sîn jungen schrie mit grimme,
19333 Und dar zuo manic ander wunder
19334 Mit dem er ist geziert besunder,
19335 Daz belîbet hie von mir ungeschriben,
19336 Wenne ez die meister habent getriben
19337 In der schrift sô manigen enden,
19338 Daz ich mac wol wider wenden.
19339 Wie der helfant werde geborn,
19340 Wie grôz sîn lîp werde ûz erkorn,
19341 Wie grôzen last er müge getragen:
19342 War zuo sölte ich daz allez sagen?
19343 Mit welhen listen er werde gevangen,
19344 Wie der hirz in sich ziehe slangen
19345 Und wie er alliu jâr sich jünge:
19346 Daz wizzen die wol, die sîner sprünge
19347 Und sînes gehürnes nement war,
19348 Swenne im der lîp durchhitzet gar.
19349 Swelch tier gar âne gallen ist,
19350 Des leben wert gar lange frist:
19351 Sam ist der hirz und der helfant,
19352 Als uns die meister tuont bekant.
19353 Ein helfant lebt driu hundert jâr
19354 Und dennoch lenger, daz ist wâr:
19355 Als schrîbet uns sant Ambrôsius,
19356 Solînus und her Plînius.
19357 Ist daz ich ez gesprechen tar,
19358 Sô wâren die alten alle gar
19359 Âne gallen, die sô manic jâr
19360 Lebten (daz wir wol vürwâr
19361 Wizzen) als Matusalam,
19362 Ênoch, Helyas und Adâm:
19363 Sô müge wir stecken wol vol gallen,
19364 Die man sô schier siht nider vallen
19365 Und sô kurz hie leben ûf erden
19366 Und sô schier ze miste werden.
19367 Der lêbart ist ein snellez tier,
19368 Und swaz er niht begrîfen schier
19369 Mac mit wîten sprüngen drîn,
19370 Nâch dem lêt er sîn loufen sîn:
19371 Der tiufel springet uns leider nâch,
19372 Wenne im ist zuo uns allen gâch:
19373 Doch wonent sîner obersten sprünge drî
19374 Gedanken, worten und werken bî.
19375 Gedanke, werc unde wort
19376 Tragent guoten und übeln hort.
19377 Der tiufel weiz gedanke niht
19378 Denne als er sich gein uns versiht:
19379 Dar nâch springet er zem êrsten dar;
19380 Wirt er der worte hin nâch gewar,
19381 Den andern sprunc vil balde er springet;
19382 Den dritten sprunc, swenne er uns bringet
19383 Ze den werken: sô wêre im leit
19384 Trête wir ûz der gewonheit.
19385 Er lêt uns ligen als wir ligen:
19386 Die wîle wir im niht an gesigen,
19387 Sô kêrt er uns mit rêten zuo
19388 Nahtes, tages, spâte und fruo.
19389 Swer wölle von im den lêbarten wenden,
19390 Der rîbe knoblouch in sînen henden,
19391 Sô fliuhet er von ime sân
19392 Mit wîten sprüngen verre hin dan:
19393 Swer den tiufel wölle schenden,
19394 Der gebe almuosen mit sînen henden
19395 Und recke si ofte gein himelrîche:
19396 Sô muoz er sân von im entwîche.
19397 Swenne ein jeger dem wisentier
19398 Sîn jungen nimt, sô kumt ez schier
19399 In grôzem zorn geloufen nâch,
19400 Mit wîten sprüngen ist im vil gâch.
19401 Sô des der jeger wirt gewar,
19402 Einen spiegel wirfet er im dar,
19403 Der sinwel als ein kugel ist.
19404 Mit dem spilt ez sô lange frist,
19405 Biz im der zorn kumt ûz dem muote
19406 Und ouch gar der jungen huote:
19407 Von den bilden daz geschiht,
19408 Diu ez in dem spiegel siht.
19409 Einen man bediutet wol daz tier,
19410 Der sîner êrsten kinde schier
19411 Vergizzet, swenne ir muoter stirbet
19412 Und er ein ander wîp erwirbet,
19413 Bî der er vürbaz bliben wil:
19414 Diu wirt sîn spiegel und sîn spil.

CXXIIII. Von dem Panther.

19415 Des pantiers balc ist schœne gar,
19416 Ringeleht wîz und swarz gevar.
19417 Ouch ist sîn lîp unmâzen snel,
19418 Und swenne ez lêt durch sîne kel
19419 Vil guoter würze in sînen magen,
19420 Sô slêft ez daz manz in drîn tagen
19421 Nimmer gesiht vor sînem hol:
19422 In dem gesmacke ist im sô wol.
19423 Swenne ez erwecket der vierde tac,
19424 Sô schrîet ez lute und gêt ein smac
19425 Ûz sînem munde sô süeze, sô reine,
19426 Daz alliu diu tier grôz und kleine
19427 Mit einander loufent dar
19428 Und nement des tiers besunder war.
19429 Die tracken aleine verzagent sô gar,
19430 Daz si niendert ze der schar
19431 Kument denne daz si ligent verborgen
19432 Und vor engsten mohten worgen.
19433 Diz tier mac uns bediuten wol
19434 Unsern herren, der aller güete ist vol,
19435 Der durch uns in dem grabe slief
19436 Und ûf stuont und zesamen rief
19437 Den, die mit triuwen im wâren gemeine:
19438 Dô fluhen die tiufel alterseine
19439 Und juden, die niht triuwen hêten,
19440 Als si vil lîhte hiute têten.
19441 Wie der einhürne werde empfangen
19442 Von einer meide und ouch gevangen,
19443 Wen daz bediute, daz weiz man wol:
19444 Nieman daz ofte sagen sol
19445 Daz allen liuten ist bekant,
19446 Man strâfte in anders sân zehant.

CXXV. Von dem peren.

19447 Uns schrîbent die meister, daz der ber
19448 Zeimal ein rôhez fleisch gebêr:
19449 Daz lecket er mit sîner zungen
19450 Biz daz er vor im siht diu jungen:
19451 Diu sint von êrste unmâzen kleine,
19452 Swie grôz ir fleisch und ir gebeine
19453 Werdent, swenne si sint volkumen.
19454 Swer nu sîner sêle wölle frumen,
19455 Der lege vür sich der sünden knollen,
19456 Von dem sîn herze was zeswollen,
19457 Und lecke in mit der bîhte zungen,
19458 Unz daz er vor im sehe diu jungen
19459 Tugende werc in andâht leben,
19460 Dem vor diu genâde niht was gegeben.
19461 Swenne der ber niht ist gesunt,
19462 Sô schirret er âmeizen in den munt:
19463 Swenne er die gizzet, sô wirt im baz:
19464 Swen sünde twinget, der si niht laz
19465 Er helfe der sêle ze aller stunde
19466 Mit henden, mit füezen und mit munde.
19467 Ein tier ist Lamia genant,
19468 Daz dishalp mers ist unbekant,
19469 Daz ist griulich unde grôz,
19470 Mit starken armen bern genôz;
19471 Swen ez wundet, der ist trôstes blôz
19472 Er enhœre denne schier sîner stimme dôz:
19473 Diz tier bediutet gotes zorn,
19474 Von des kreften schier wirt verlorn
19475 Ein wunder mensche in sünden grôz,
19476 Im helfe denne schier sînes trôstes dôz.
19477 Swer ohsen mit warmem wazzer weschet,
19478 Des magen urdrütze er in erleschet;
19479 Tuot erz ofte, si nement zuo
19480 Und werdent feizt beidiu spâte und fruo
19481 (Diz schrîbet sant Ysidôrus,
19482 Solînus und her Plînius).
19483 Swer sîn antlütze ofte weschet
19484 Mit riuwen zehern, der erleschet
19485 Den urdruz, den sîn sêle hât
19486 Von manigerleie missetât.

CXXV. Von dem fuchse.

19487 Swenne ein fuhs biz in den tôt
19488 Siech wirt, sô büezet im die nôt
19489 Viehten zaher, den er slindet
19490 Und sîn nôt gar überwindet:
19491 Swes sêle sî siech biz in den tôt,
19492 Der gedenke an unsers herren nôt
19493 Und an daz bluot, daz von im flôz
19494 Und des kriuzes stam begôz,
19495 Mit dem er hât erlôst uns alle
19496 Von des êwigen tôdes valle.
19497 Wer könde grôz wunder grôzer grîfen
19498 Mit kleinen worten wol begrifen,
19499 An die gotes hôhiu wirdikeit
19500 Besunder wunder hât geleit?
19501 Daz zwêne künige offenbâr,
19502 Hinden lewen, vorn adelar,
19503 Gemischet sint in einer hiute,
19504 Des mac wol wundern alle liute!
19505 Si sint sô starc und ouch sô grôz,
19506 Daz lützel tier sîn ir genôz.
19507 Des füerent ouch si spât und fruo
19508 Vil grœzer âmen irn jungen zuo
19509 Denne meisen, sparn oder künigelîn:
19510 Gelobet muoz der schepfer sîn,
19511 Der kleinen vogelîn hât gegeben
19512 Als grôzen grifen, swes si leben!
19513 Der adelar und der lewe sint
19514 Zesamen gemischet, dâ gotes kint
19515 Der meide kint ouch wolte werden
19516 Und bî uns wonen hie ûf erden.

CXXV. Von dem piber.

19517 Der biber und sîn hûsgenôz
19518 Tuont manigem vischer schaden grôz:
19519 An den hât got uns ouch besunder
19520 Wol erzeiget sîniu wunder,
19521 Daz des bibers zagel vischîn ist,
19522 Der im ouch muoz ze aller frist
19523 Nahtes in dem wazzer hange;
19524 Und swenne daz is kumt mit getwange
19525 Und im der biber niht mac geringen,
19526 Sô muoz der otter inz wazzer springen
19527 Daz daz is iht werde ze grôz:
19528 Dâr üm ist er sîn hûsgenôz.
19529 Sô man den biber jaget sô sêre
19530 Daz er geloufen mac niht mêre,
19531 Sô bizet er selber sîn geilen abe,
19532 Daz der jeger im die habe
19533 Und in dennoch lâze genesen:
19534 Wer sölte im denne ungenêdic wesen?
19535 Swenne er aber dar nâch wirt gejaget,
19536 Sô sitzet er nider und verzaget
19537 Und wirfet diu bein ûf und lêt sehen,
19538 Waz wunders an im sî geschehen:
19539 Wol im der sîner missetât
19540 Geilen wol abgebizzen hât,
19541 Swenne in der tôt beginnet jagen:
19542 Der darf dester minner klagen!
19543 Wie der biber ze neste ziehe,
19544 Wie dicke er von den boumen fliehe
19545 Die er abschertet mit sînem zan:
19546 Sölte ich daz sagen und swaz ich hân
19547 Gelesen von etslichem tier,
19548 Sô würde ich wert oder unwert schier.
19549 Als sant Ambrôsius uns tuot kunt,
19550 Ein ieglich siech tier wurde gesunt
19551 Der im gêbe hundes bluot:
19552 Daz ist vür alle siuche in guot;
19553 Als uns diu heilige schrift tuot kunt,
19554 Swes sêle von sünden sî ungesunt,
19555 Der gedenke mit riuwen an Kristes bluot:
19556 Daz ist vür alle siuche im guot.
19557 Wunders ist geschriben vil,
19558 Des ich vil underslahen wil,
19559 Von bekanter tier und vogel natûre,
19560 Die doch ze grunde niht ein gebûre
19561 Kan verstên, aleine ir genuoc
19562 Ûf ir natûren sîn gar kluoc.
19563 Ros, rinder, esel unde swîn,
19564 Geize, böcke, ster und schêfelîn,
19565 Wiseln, miuse, katzen, hunde
19566 Wonent uns bî ze maneger stunde;
19567 Eichhorn, igel, affen, lühse,
19568 Hasen, ratzen, harm und fühse,
19569 Han und henne, gans und ant
19570 Sint uns allen wol bekant;
19571 Störche, reigel und alkarn,
19572 Spehte, widehopfen unde starn,
19573 Tûben, swalwen unde sparn,
19574 Sperwer, valken, hebeche und arn,
19575 Egelester, krâen, raben, tallen
19576 Hœre wir nâhen bî uns kallen;
19577 Stiglitz, vinken, zeisen, meisen
19578 Sehe wir kriutlach bî uns zeisen;
19579 Manic tier und vogellîn,
19580 Grôz und kleine, diu bî uns sîn,
19581 Habent manic wunder an in verborgen,
19582 Daz ich durch füere, hête ich niht sorgen:
19583 Nu muoz ich sîn vil überslahen
19584 Und gein des buoches ende gâhen.

CXXV. Von dem adlar.

19585 Wie der adelar sîn nest kêre
19586 Gein der sunnen und fliegen lêre
19587 Sîne jungen und gein der sunnen
19588 Ûf fliege über einen fliezenden brunnen.
19589 Sô im die vetiche werdent swêre:
19590 Diz wêre allez sagebêre.
19591 Wie er die vedern denne besenge
19592 Und sich selber wider brenge,
19593 Swenne er sînen lîp enblœzet
19594 Und den krummen snabel stœzet
19595 Und wetzet abe an einem steine:
19596 Diu lêre ist nu sô gar gemeine,
19597 Daz ich si wol über loufe,
19598 Aleine man si gein unserm toufe
19599 Bezeichenlich wol müge wenden
19600 Und anderswâ in manigen enden.
19601 Swer reht wil leben, der sol niht kriegen,
19602 Der merke wie die krenche fliegen
19603 Und wie rehte geselliclîche
19604 Si nahtes ir warte besetzen gelîche.
19605 Swer reht ouch weiz der störche triuwe
19606 Gein irm geslehte, den mac wol riuwe
19607 Ob die, von den er ist geborn,
19608 Grôz hunger twinget und sint erfrorn.
19609 Swâ grôziu here varnt über lant,
19610 Den volgent die gir nâch sâ zehant
19611 Wenne si sich âzes da versehent,
19612 Als juden und heidenische meister jehent:
19613 Alsam varnt die tiufel gerne
19614 Swâ strît ist, tanzen und taberne,
19615 Wenne si der sêle wartent dâ
19616 Michels mêr denne anderswâ.
19617 Ein habich stœzet sîniu jungen
19618 Von sînem neste, daz si betwungen
19619 Müezen rouben lerne:
19620 Sam tuont die rouber gerne:
19621 Die stôzent diu jungen ê der zît
19622 In rouben, in brennen und in strît.

CXXVI Von dem Gedander.

19623 Got hât geben dem galander
19624 Ein nature, die kein ander
19625 Vogel ûf erden nie gewan:
19626 Daz er niht getrûren kan:
19627 Swie gar sîn lîp gevangen ist,
19628 Doch ist er frœlich ze aller frist.
19629 Daz in der zît niht sêre erlange,
19630 Das merket man wol an sînem gesange,
19631 Wenne er aller vogel spottet,
19632 Swenne er harpfet, videlt, rottet
19633 Mit sîner kel den langen tac
19634 Und kûm vor fröuden gezzen mac.
19635 Die grôzen tugent ich an im prîse,
19636 Daz er üm trinken und üm spîse
19637 Sô sêre niht wil bekumert sîn
19638 Als ander tier und vogellîn.
19639 Sîn beste pfrüende ist frî gemüete:
19640 Daz machet sînes frôen herzen güete.
19641 Als ein lerche ist er gevar
19642 Und niht vil grœzer, daz ist wâr.
19643 In dunket er habe sîn frumen und êre,
19644 Daz er beslozzen ist sô sêre:
19645 Er enwölte niht in dem walde sîn,
19646 Daz er rûmte sîn hiuselîn.
19647 Swelch geistlich mensche ist gotes galander,
19648 Der enwölte niht sîn als Alexander,
19649 Enêas, Crêsus und Evander,
19650 Octaviân und manic ander
19651 Herren und fürsten hie ûf erden:
19652 Daz er rîte ûf schœnen pferden
19653 Und sîner klôster pfrüende enbêre,
19654 Daz wêr im von herzen swêre.
19655 Er sitzet in sêlden vogelhûse,
19656 Sô münster, slâfhûs, reventer, klûse
19657 Baz im gevallent denne der walt
19658 Werltlicher êren manicvalt.
19659 Ern trahtet nâch zarter spîse niht:
19660 Sin beste pfrüende ist swenne er siht
19661 Daz er beidiu naht und tac
19662 Gote frœlich gedienen mac.
19663 Sehs rîmen ziuhe ich dâ her in,
19664 Die sint hern Frîdankes und niht mîn:
19665 "Kâradrius ein vogel ist,
19666 Des sinne gênt vür menschen list:
19667 Swelhen siechen er an siht,
19668 Dem enwirret schiere niht;
19669 Swelch sieche niht genesen kan,
19670 Den gesiht er nimmer an."

CXXVI Von der Lerchen.

19671 Diu lerche uns daz himelrîch kündet:
19672 Swenne sich diu zît mit wunne enzündet,
19673 Sô stîget si ûf gein himelrîche,
19674 Fliegende und singende wunneclîche:
19675 Swenne si sich ze der erden senket,
19676 Des schœnen gesanges dôn si krenket:
19677 Seht alsô tuont noch heilige liute,
19678 Swâ si ûf erden lebent hiute:
19679 Die stîgent ûf gein himelrîche
19680 Mit süezen gedanken tugentlîche:
19681 Ir herze muoz ofte doch trûric werden,
19682 Sô si gedenkent, daz ûf erden
19683 niht anders ist denne jâmers vil
19684 Und valscher êren goukelspil.
19685 Diu lerche sô sêre den sperwer schiuhet,
19686 Daz si durch schirm vil ofte fliuhet
19687 Und fliuget in des menschen schôz:
19688 Swen sorge twinget und angest grôz,
19689 Der fliehe ze der vil reinen meide,
19690 Diu alle die trœstet in herzenleide
19691 Die durch schirm zuo ir fliehent
19692 Und sich von des tiufels klâwen ziehent.

CXXVI Von der Nachtigal.

19693 Nie wart stolzer vogellîn
19694 Mit sô kleinem lîbelîn
19695 Gesehen denne diu nahtigal,
19696 Daz sô wunneclichen schal
19697 Und sô manigerleie gebrehte
19698 Mit sô kleinem züngelîn mechte:
19699 Doch wizzet daz kein vogellîn
19700 Hat ein sô dünnez züngelîn.
19701 Vor fröuden ez lützel gezzen mac,
19702 Wenne ez singet naht und tac.
19703 Diu stimme im sân verdirbet,
19704 Swenne ez nâch jungen wirbet,
19705 Sîn gevider ouch anders wirt gevar:
19706 Diz schrîbent die meister uns vürwâr.
19707 Uns tôrn bediutet diu nahtigal,
19708 Die der werlde machent schal,
19709 Sô wir tanzen, reien, springen,
19710 Vehten, brehten, lûte singen,
19711 Uns selber müen mit maniger unsinne
19712 Durch werltlich lop, ruom oder minne.
19713 Sô wir vil êren haben erworben,
19714 So ist beidiu stimme und lîp verdorben,
19715 Mit den wir gotes lop gemêren
19716 Sölten: ob wir wider kêren
19717 Wölten gerne, sô si wir kranc:
19718 Wer saget der vordern dinge uns danc?
19719 Manic nahtigal sich ze tôde singet:
19720 Manic tôr ouch nâch dem tôde ringet,
19721 Biz daz der tôt in nider drücket
19722 Und ê der zît von hinnen zücket.
19723 Wâ von diu jungen rebelîn
19724 Frêze werden und heiser sîn
19725 Und got besunder rüefen an
19726 In irm hunger, und waz der han
19727 Und der capûn an in besunder
19728 Haben bezeichenlicher wunder,
19729 Und waz wunders dâ geschiht
19730 Sô der strûz sîn eier an siht.
19731 Daz si von sînem gesihte werden
19732 Fruhtbêr ûf der heizen erden,
19733 Und ouch sibenleie tugent
19734 Die tûben hânt, der ofte von jugent
19735 Sich die flizent sunderliche,
19736 Die gerne kument ze himelrîche:
19737 Diz enmac ich allez niht gesagen;
19738 Und waz in junger swal wen magen
19739 Zwei steinelîn tügen swarz und rôt,
19740 Und wie wunderlichen tôt
19741 Der fênix und der elbiz nemen,
19742 Waz wîbeln, kefern unde bremen,
19743 Humel, wefse und diu spinne
19744 Bezeichenunge haben ûzen und inne,
19745 Wie grôz wunder und gewin
19746 Die sîdenwürme und ouch die bin
19747 Irn herren bringen alliu jâr:
19748 Wer könde daz durchgründen gar?
19749 Wie manige bluomen die binen rüeren,
19750 Swenne si ir honic zesamen füeren
19751 Uber berc und tal von liehten velden
19752 Von manigen boumen und schœnen welden,
19753 Wie si ez würken und behalten,
19754 Daz merke wir jungen mit den alten:
19755 Wenne got uns alliu dinc hât geben,
19756 Daz wir bezzern unser leben
19757 Bî sînen wundern tac und naht.
19758 Âne sache wart nie niht gemacht:
19759 Nie dehein würmelin wart sô kleine,
19760 Der mensche enhabe mit im gemeine
19761 An sînes lebens ordenunge:
19762 Diz merke der alte und ouch der junge.
19763 Swer merket maniger bluomen schîn,
19764 Der merke wie schœn die engel sîn
19765 Und ouch die heiligen in himelrîche,
19766 Die got geziert hât wunderliche!
19767 Sît maniger süezen seiten klanc,
19768 Maniger süezen keln gesanc,
19769 Glocken und orgeln süezer dôn
19770 Hellent bî uns sô rehte schôn:
19771 Wie singent denne vor gotes trôn
19772 Sîn engel âne zal! Gêbe er ze lôn
19773 Uns anders niht denne diz gesanc,
19774 Diu zît würde nimmer uns ze lanc:
19775 Was fröuden gibt denne daz minneclich
19776 Antlütze gotes, daz êwiclich
19777 Sô vol genâden und fröuden ist,
19778 Daz alliu fröude gein im ist mist,
19779 Die menschen sin erdenken kan?
19780 Wol sî, den er der fröuden gan!
19781 Ein buoch daz heizet der Werlde bilde,
19782 In dem vil wunders und grôz unbilde
19783 Geschriben stêt: swer daz durch gienge,
19784 Vil süeze andâht sîn herze gevienge
19785 Gein im, dem himels und erden wunder,
19786 Mer und abgrunde dienent besunder.
19787 Epyrus ist ein kriechisch stat,
19788 In der ein brunne diz wunder hât,
19789 Daz er brinnende vackeln leschet.
19790 Und swenne sîn wazzer si erweschet,
19791 Stœzet man si denne wider drîn,
19792 Sô vâhent si hitze und fiures schîn:
19793 Ob man die wârheit sprechen sol,
19794 So bediutet der brunne unsern herren wol,
19795 Der sündiger herzen vackeln leschet,
19796 Diu er mit riuwen zehern weschet
19797 Und denne mit sîner süezen minne
19798 Si aber enzündet ûzen und inne.
19799 Von brunnen list man wunders vil,
19800 Des ich ein teil iu künden wil,
19801 Swenne ich aleine daz hân volbrâht
19802 Des nu mîn herze hât gedâht.
19803 Als uns der meister lêre tuot kunt:
19804 In allen wazzern suochet den grunt
19805 Ein ei denne iu des mers besunder,
19806 Dâ swimmet ez obe, daz ist ein wunder.
19807 Nu sül wir merken ouch alle dâ bî,
19808 Waz bezeichenunge an dem eie si:
19809 Ein ei hat diu vier elemente
19810 In im: sîn schal daz firmamente
19811 Bezeichent, diu vil fensterlîn
19812 Hât: diu bediutet der sterne schîn;
19813 Der schaln vel dünne und linde
19814 Bediutet den luft; daz wazzer ich vinde
19815 Bezeichent bî dem wizen dâr under;
19816 Der toter in im hât fiures zunder;
19817 Der tropfe bezeichent uns die erden:
19818 Wie möhte ein klein dinc grœzer werden
19819 Denne daz ein ei disiu grôzen wunder
19820 Begrîfe alein? Nu lobt besunder
19821 Unsern herren mit mir inneclich,
19822 Daz sîn grôziu güete sô minneclich
19823 Wunder an sant Pêter begienc,
19824 Daz er mit trucken füezen gienc
19825 Ûf dem mer, daz under im flôz!
19826 Ouch was daz wunder harte grôz,
19827 Daz sant Pauls lîp ie genas,
19828 Der lebende an des meres grunde was
19829 Ein ganze naht und einen tac!
19830 Zwei leben diz bediuten mac:
19831 Geistliche liute gênt ûf dem mere,
19832 Swenne si die werlt nâch gotes lêre,
19833 Smêhent und tretent under ir füeze
19834 Durch des êwigen lebens süeze:
19835 Weltliche liute, die frîlich lebent
19836 Und in der werlde unruowe swebent,
19837 Beschirmet des obersten gotes güete
19838 Als sant Paulus in des meres flüete.
19839 Sîn güete hât alliu dinc underscheiden:
19840 Ûf ertrîch kristen, juden, heiden;
19841 In himelrîch engel und marterer,
19842 Juncfrouwen, kint und bihtiger;
19843 In wazzern krebze, vische, merwunder;
19844 In lüften vogel; in welden besunder
19845 Manic wildez tier, würme und slangen,
19846 Der menschen list vil hât gevangen.
19847 Sît aber vor allen vogeln ein han
19848 Des tages zît uns künden kan,
19849 Sô muoz ich etwaz von im sagen:
19850 Des enlât iuch niht betrâgen!

CXXVII Von dem han.

19851 Ûf tempels kriuze stêt ein han,
19852 Daz er uns kristen liute man,
19853 Pfaffen, ritter und gebûre,
19854 Daz wir merken sîn natûre
19855 Und nâch dem hanen unser leben
19856 Gein unserm schepfer rihten eben.
19857 Der han wil niht daz man in strâfe,
19858 Wenne er sich selber ûz sînem slâfe
19859 Des nahtes wecket unbetwungen,
19860 Sô wir alten mit den jungen
19861 Die trêgen körper nider senken
19862 Und lützel an die nôt gedenken
19863 Die got leit, dô man in vienc
19864 Und dô er vür den rihter gienc
19865 Und dô die juden über in riefen
19866 Bî naht, dô ander liute sliefen:
19867 Des wecket uns in der naht der han,
19868 Daz er des grôzen jâmers uns man,
19869 Daz an unserm herren wart begangen,
19870 Dô er üm unschult wart gevangen.
19871 Ein han sîn tagezît baz beheltet
19872 Denne manic mensche, daz sinne weltet:
19873 Wenne sunderliche verstandenheit
19874 Hât unser herre an in geleit,
19875 Als uns bescheidet sîn kneht her Job.
19876 Des hât der han besunder lop
19877 Vor allen vogeln, daz er die wecket,
19878 Die sünden trâkeit hât bedecket.
19879 Der han des nahtes beheltet drî wahte:
19880 Alsô sol ein ieglich mensche betrahte
19881 Waz ez mit gedanken habe gesündet,
19882 Mit worten, mit werken. Dar nâch kündet
19883 Gein tage des hanen verstandenheit,
19884 Daz wir von bœser gewonheit
19885 Noch wöllen ûf stên âne übel strâfen.
19886 Hab wir die vordern drî wahte verslâfen,
19887 Sô schriet er nu ie baz ie baz:
19888 "Stêt ûf, stêt ûf! sît nimmer laz!
19889 Ir habt in sünden genuoc gelegen,
19890 Man sol der sêle nu vürbaz pflegen!"
19891 Als der han sich selber wecket
19892 Und mit zwein vetichen an sich lecket,
19893 Alsô sol diu wâre gotes minne
19894 Uns alle wecken ûzen und inne
19895 Und unsers ebenkristen liebe:
19896 Sô kan uns von dem alten diebe
19897 Kein ungemach immer widervarn
19898 Und mügen lîp und sêle bewarn.
19899 Siechen liuten baz gelinget,
19900 Swenne der han des nahtes singet:
19901 Wenne si hoffent ze dem tage,
19902 Sô wirt geringert ein teil ir klage.
19903 Diebe und morder schrecket sîn singen:
19904 Die fürhtent daz si niht volbringen
19905 Mügen, des si haben gedâht:
19906 Des wirt manic untât niht volbrâht.
19907 Der han bediutet ouch der priester leben,
19908 Die uns guot bilde süllen geben
19909 An werken und ouch an guoter lêre,
19910 Daz uns irs lebens schîn bekêre.
19911 Des kriuzes hœhe, ûf dem der han
19912 Stêt, sol des alle priester man,
19913 Daz got die hœhsten wirdikeit
19914 Ûf ertrîch hât an si geleit.
19915 Si süln die tagezît uns künden
19916 Und süln uns wecken von den sünden,
19917 In den wir leider nu sîn entslâfen,
19918 Und süln unser trâkeit ofte strâfen,
19919 Als der han tuot in der naht;
19920 Ouch sol des priesters süeziu andâht
19921 Mit zwein vetichen zweier minne
19922 Uns wecken und selber sich ûzen und inne.
19923 Sô der han ie elter wirt,
19924 Sô sîn lîp ie mêre vedern gebirt:
19925 Alsô sol zuo nemen der priester tugent
19926 Und unser aller ûf von jugent.
19927 Der ander hûswirt ist ein han:
19928 Ein wirt sol sîn gesinde man
19929 Mit allem flîze spâte und fruo,
19930 Daz ez nâch gotes willen tuo:
19931 Sô sol des hanen stimme uns strâfen,
19932 Swenne wir des nahtes swinde slâfen,
19933 Daz wir uns mündern als er tuot:
19934 Sô bewar wir lîp, sêle und guot.
19935 Hûswirte und lêrer tugentrîche
19936 Bediutet der han ouch sunderlîche.
19937 Wie sant Gregôrie die lêrer lobe
19938 In dem ein und drîzigesten buoche von Jobe,
19939 Daz wil ich hie lân under wegen:
19940 Des süln klôsterliute pflegen.
19941 Nu sprichet vil lîhte ein tummer man:
19942 "Waz bezeichent vor Cristes gebürte der han
19943 Und sîn ampt beidiu naht und tac?"
19944 Vürwâr man daz wol gelîchen mac
19945 Den wîssagen, der lêre uns vor kunt tet,
19946 Swaz nu diu kristenheit begêt.
19947 Tier, vische, würme und vogellîn,
19948 Loup, gras und aller bluomen schîn,
19949 Wazzer, fiur, luft, erde und steine,
19950 Alliu dinc grôz und kleine
19951 Habent uns von anegenge besunder
19952 Gotes kraft bezeichent und sîn wunder
19953 Und hânt gerêmet gein der tât,
19954 Die er mensche begangen hât
19955 Und alle tage noch begêt,
19956 Die wîle disiu werlt stêt.
19957 Dô reht gerihte ûf erden was niuwe,
19958 Stêter fride und ganziu triuwe,
19959 Dô stuont ez in der werlde wol:
19960 Ob man die wârheit sprechen sol,
19961 Sô ist ir lützel nu ûf erden:
19962 Deste erger muoz ez leider werden.
19963 Got selber reht gerihte wiget,
19964 Sîn sun der ganzen triuwen pfliget,
19965 Der heilige geist uns fride gît:
19966 Swenne aber kumt diu leide zît
19967 Daz frides, gerihtes, triuwe niht ist,
19968 Sô kumt der leidige endekrist:
19969 Nâch des gewalte wirt verbrant
19970 Disiu werlt, und doch niht sâ zehant.
19971 Man vindet sîn geschriben niht:
19972 Nieman weiz, wenne ez geschiht.
19973 Unser herre durch sîner erwelten frumen
19974 Gibt vierzic tage daz widerkumen,
19975 Ob si des endekristes lêre
19976 Nâch sînem tôde wölle verkêre,
19977 Daz si die gar vertrîben
19978 Und bî den kristen beliben:
19979 Swenne aber der jungste tac sül kumen,
19980 Daz hân ich niender noch vernumen.
19981 Sô man den regenbogen siht,
19982 Sô zegêt diu werlt niht
19983 Denne dar nâch über vierzic jâr:
19984 Daz schrîbent die heiligen uns vürwâr.
19985 Kristen geloube lemt doch sêre,
19986 Sît irdisch guot und werltlich êre
19987 Jungen und alten sint sô wert,
19988 Daz êwiger fröuden nieman gert.
19989 Diu êrste werlt von grôzer unkiusche
19990 Ertranc, sô hât nu grôz getiusche
19991 Der gîtikeit dise werlt sô gar
19992 Begriffen, daz selten ieman gewar
19993 Wirt stêter liebe gein himelrîche:
19994 Wir wêren gerne ûf erden rîche:
19995 Des wirt disiu werlt verbrant,
19996 Der unser herre ist unbekant,
19997 Swie dicke er vor ir werde genant
19998 Und swie vil er si gemant
19999 Verholn und offenliche,
20000 Frœlich und ernstliche.
20001 Brente sîn liebe in unserm herzen,
20002 Sô vermide wir allen smerzen
20003 An sêlen und an lîben
20004 Und möhten in im belîben.
20005 Alle kunst, zuht, milte, kiusche
20006 Hât der gîtikeit getiusche
20007 Verkêrt in manigerleie wîse,
20008 Daz nieman dünket ûf erden wîse
20009 Er lege denne alle sîne sinne
20010 Ûf irdisch guot und ûf gewinne.
20011 Des stênt des bâbestes stuole bî,
20012 Swie doch sîn leben heilic sî,
20013 Der leidige diep Ananias,
20014 Symon, Jezi und Jûdas:
20015 Einveltige liute stênt vor der tür,
20016 Die lêt man selten gên her vür.
20017 Swer êwige fröude wil erwerben,
20018 In dem muoz ê diu werlt sterben
20019 Und muoz gedenken naht und tac
20020 An unsern herren, sô er nêheste mac.
20021 Dâ von sprach sant Augustîn:
20022 "Mensche, bekenne den schepfer dîn
20023 Bî aller sîner hantgetât,
20024 Die er durch dich gemachet hât:
20025 Sint si schœne, wie schœne ist er,
20026 Der si durch dich hiez kumen her!
20027 Sint si starc, wie starc ist er,
20028 Der kraft in gap grôz unde swêr!
20029 Sint si guot, wie guot ist er,
20030 Der nimmer und nie wart güete lêr,
20031 Der regen uns gibt und sunnen schîn!
20032 Swie wênic wir im des dankende sîn,
20033 Doch büezet er uns ofte manige pîn,
20034 Brôt, obez, fleisch, wazzer unde wîn.
20035 Swenne hunger uns durch gêt daz marc,
20036 Sô nême wir gern vür hundert marc
20037 Goldes ein vil kleinez brôt:
20038 Bî golde und silber lêge wir tôt."
20039 Nu muoz ich aber vürbaz kreizen
20040 Und sagen von grillen und âmeizen.
20041 Ein grille stirbet, swer ûf in giuzet
20042 Boumöle, swenne ez üm in fliuzet;
20043 Sînes lebens wirt man schier gewar,
20044 Giuzet man suren wînezzich dar:
20045 Swenne ein mensche hât sîn leben
20046 Um dirre werlde olei geben,
20047 Daz er in sünden liget der nider,
20048 Den bringet riuwen ezzic wider.
20049 Diu âmeize hât grôze arbeit,
20050 Swenne si den sumer korn in treit,
20051 Wenne si ein ieglich korn speltet
20052 Daz si durch daz jâr beheltet,
20053 Ob ein regen ez begieze,
20054 Daz iht kömen dâr ûz schieze:
20055 Des gelîchnüsse mac man uns wol sagen,
20056 Wenne wir sölten alle in tragen
20057 Und vaste lernen in der jugent
20058 Reiner worte und werke tugent.
20059 Alliu kleine vogellîn
20060 Sint fruhtbêrre denne diu grôzen sîn:
20061 Alsam sint armiu gotes kint,
20062 Diu kleine in unsern ougen sint,
20063 Vil fruhtbêrre an tugenden hiute
20064 Denne hôhe herren und rîche liute.
20065 Alle gramvogel spîsent sich
20066 Mit fleische und sint unheimelich
20067 An dem fluge und trinkent niht:
20068 Wizzet ir, wâ von daz geschiht?
20069 Des fleisches fiuhte machet daz,
20070 Wenne ez ist in im selber naz:
20071 Alle übel liute spîsent sich
20072 Mit kriege und sint unheimelich
20073 Senften liuten und ahtent niht
20074 Geistlicher liebe: daz geschiht
20075 Von irs herzen freidikeit,
20076 Daz fleischliche hôchfart in im treit.
20077 Alle edel vogel fürhtent den arn,
20078 Swâ si in gein in sehent varn:
20079 Des entuont die ungeslahten niht;
20080 Diz gelîchnüsse hât mit uns wol pfliht:
20081 Alliu edel herzen fürhtent got
20082 Und behaltent gerne sîn gebot:
20083 Daz tuont unedel herzen niht,
20084 Diu mit untugent habent pfliht
20085 [Alle engel und heiligen fürhtent got:
20086 Sô breche wir ofte sîn gebot].
20087 Die fledermiuse ligent gestricket
20088 An einander und gezwicket,
20089 Und swer ir eine ziuhet hin dan,
20090 Sô lœsent sich die andern sân:
20091 Alsam tuont manige valsche bruoder,
20092 Die bœsiu geselleschaft und ouch luoder
20093 Zesamen füeget unde zwicket,
20094 Als her Sampsôn fühse stricket:
20095 Die scheident ofte sich üm ein ort
20096 Lesterlich oder üm ein wort.
20097 Diu wisel smecket in wazzer wol,
20098 Ûf erden ist si stankes vol,
20099 Irn zorn si mit stanke richet.
20100 Sam tuot der ouch, der übel sprichet
20101 Und flüeche und eide niht verbirt,
20102 Swenne er sêre erzürnet wirt.
20103 Wie diu wisel sich verderhe
20104 E si den basilisken ersterbe,
20105 Sô si die rûten in den munt
20106 Nimt, daz ist sô wîten kunt,
20107 Daz ich ez wol verswîgen sol:
20108 Kurziu rede zimt vor herren wol.
20109 Nu merket waz her Frîdanc sprach,
20110 Als ich in sînem getihte sach:
20111 "Der Salamander spîset sich
20112 Mit fiure, daz ist gar wunderlich,
20113 Camêliôn des luftes lebet,
20114 Der herinc wazzers, swâ der swebet,
20115 Der mûwerf sich mit erden nert:
20116 Sus ist den vieren ir nar beschert."
20117 Der krebez izzet gern diu kunterlîn,
20118 Diu in den wazzer muscheln sîn:
20119 Des hât er ofte ir genuoc gewunnen.
20120 Sô si sich bechelnt gein der sunnen
20121 Und ûf tuont diu müschellîn,
20122 Sô schiubet er ein steinlîn drîn,
20123 Daz die muscheln wider drücke
20124 Sô si sich zesamen smücke;
20125 Sus ziuhet er mit den scheren sîn
20126 Ûz den schaln diu kunterlîn:
20127 Als hât der tiufel ir genuoc gewunnen,
20128 Die sich gein der werlde wunnen
20129 Mit wollust bechelnt und mit êren:
20130 Swenne si wolten wider kêren,
20131 Sô stiez er in mit untrôste în
20132 Manic herte zwîfel steinlîn,
20133 Diu daz herze niht enliezen
20134 In gotes liebe sich besliezen.
20135 Ein unk ein hirz fliuhet,
20136 Einen lewen er lützel schiuhet:
20137 Ein klein dinc fürhtet manic man,
20138 Der vorhte gein gote nie gewan
20139 Als er ze rehte sölte,
20140 Wêr daz er ez merken wölte.

CXXIX Von der korallen.

20141 Ein stein der heizet koralle:
20142 Des lât iuch wundern alle,
20143 Daz der ein krût ist in dem mer
20144 Und ûz dem wazzer âne wer
20145 Von dem lufte wirt ze steine:
20146 Swer in riuwen wazzer reine
20147 Wirt von sünden und gotes trût,
20148 Den bediutet daz korallen krût.
20149 Den machet ze steine der êren luft,
20150 Kumt er in werltlichen guft.

CXXIX Von manig[er]lay hande brun[n]en.

20151 Nu wil ich, ob ir wöllet gedagen,
20152 Von brunnen ein teil iu wunders sagen.
20153 Ein brunne in der môren lande fliuzet.
20154 Des selten immer ieman geniuzet
20155 Vor grôzer kelten durch den tac,
20156 Vor hitze des nahtes: der brunne mac
20157 Uns wol bediuten einen man,
20158 Der nieman sînes guotes gan
20159 Und aberede vinden kan,
20160 Mit den er bete schiebe hin dan.
20161 Einen brunnen hât Armenîe daz lant,
20162 Der holz, gebeine und ouch gewant
20163 Ze steine machet sâ zehant
20164 Und swaz er rüert: daz wart bekant
20165 Keiser Friderîch, wenne er dar
20166 Sîn boten sande und vant ez wâr:
20167 Der brunne mac wol bediuten die
20168 Vor grimme weinent und rehte nie
20169 Mit riuwen ir sünde habent beweinet,
20170 Bî den allez daz versteinet,
20171 Daz bî in wont und wirt ouch wilde
20172 Von irre untugende bœsem bilde.
20173 Uns schrîbent die meister, daz ein brunne
20174 Sî in dem lande, dâ diu sunne
20175 Ûf gêt, an dem got hât besunder
20176 Ouch erzeiget michel wunder,
20177 Daz sîn wazzer wirt ze fiure
20178 Gebrant mit anderre dinge stiure:
20179 Diz fiur ist kriechisch fiur genant
20180 Und wirt gefüert in manic lant;
20181 Ez brinnet in wazzer, in milch, in wîn,
20182 Swer ez leschen wil, der gieze ezzich drîn:
20183 Diz fiur bediutet unreine sünde
20184 Wider der natûr, der ich niht künde:
20185 Swer die ze rehte leschen sol,
20186 Der bedarf eines sûren ezziches wol:
20187 Bîhte und buoze, riuwe und klage,
20188 Die wîle er lebt, von tage ze tage.
20189 Uns schrîbet der guote sant Augustîn,
20190 Daz in Africâ zwên brunnen sîn,
20191 Swer des einen trinket, der wirt gar sinnic.
20192 Swer des andern trinket, der wirt unsinnic:
20193 Die zwên brunnen mügen wol sîn
20194 Starker mete und süezer wîn:
20195 Swer der ze vil trinket, der wirt unsinnic,
20196 Swer lützel ir trinket, der wirt sinnic.
20197 Ein brunne ist in Idumêâ,
20198 Der deheiner mêr ist anderswâ:
20199 Der wandelt sich vier stunt alle tage
20200 Nâch meister Orîgenis sage:
20201 Des morgens ist er bluot var,
20202 Ze mittem morgen trüebe gar,
20203 Nâch mittem tage lûter als ein glas,
20204 Gein âbent grüene als ein gras:
20205 Dirre brunne mac uns wol bediute
20206 Virwitze und unstête liute,
20207 Die selten belîben in einem muote,
20208 Ez kume in ze übel oder ze guote.
20209 Meister Solînus schrîbet uns manic wunder,
20210 Von einem brunnen doch besunder,
20211 Der ist gar stille durch daz jâr:
20212 Kumt aber ieman mit swegeln dar
20213 Oder mit seiten spils gedœne,
20214 Nu merket alle diz wunder schœne:
20215 Daz sîn wazzer denne ûf springet
20216 Als ob er tanze: Swes herze ringet
20217 Nâch gotes liebe, swie stille er sî,
20218 Doch wont im grôziu fröude bî:
20219 Swenne er gedenket, wie rehte schône
20220 Manic tûsent engel vor gotes trône
20221 Immer und immer ân ende singet,
20222 Sîn herze reht als der brunne ûf springet.
20223 Disem selben brunnen mac sich wol gelîchen
20224 Ein süezer brunne, der wunneclîchen
20225 Ûf schiuzet jâres ze maniger stunde
20226 Von des tiefen meres grunde
20227 Und über daz bitter wazzer quillet
20228 Zwuo ellen oder drî: swenne gar gestillet
20229 Ist daz mere, den schepfent denne
20230 Zwischen Tyrrêne und Ravenne
20231 Von beiden steten manige liute:
20232 Dirre brunne mac die wol bediute,
20233 Der süezez herze gein gote ûf schiuzet,
20234 Swenne si der bitterkeit verdriuzet
20235 Werltlicher sorgen, der sô vil
20236 Ist daz ir nieman weiz ein zil.
20237 Noch ist ein brunne, daz der vil wêre
20238 Daz wêr vil manigen liuten swêre:
20239 Wenne swer in trinket, der erblindet,
20240 Ob er sich des vor underwindet
20241 Daz er meines gesworn hât
20242 Vür diube oder ander missetât.
20243 Swelch mensche aber rehte swert,
20244 Dem ist diu genâde her wider beschert
20245 Daz sîn gesihte, als ich ez las,
20246 Wirt zwirunt bezzer denne ez was:
20247 Dirre brunne bediutet den êwigen brunnen,
20248 Von dem uns allen ist gerunnen
20249 Alliu diu genâde, die wir nu haben
20250 Und dar nâch sô wir sîn begraben.
20251 Swer velschlich ze dem brunnen gât
20252 Und vor niht wol gebihtet hât,
20253 Der wirt sân an der sêle geblendet,
20254 An lîbe, an sêle hin nâch geschendet:
20255 Swer aber in reiniclich enpfêhet,
20256 Ze den fröuden er sich nêhet,
20257 Die menschen herze niht kan durch gründen,
20258 Zungen, ôren, ougen niht vol künden.
20259 Nu wil ich gote ze êren besunder
20260 Besliezen alliu diu vordern wunder
20261 Mit einem, des ich getrœstet bin,
20262 Daz ofte gefröuwet mînen sin:
20263 Von der zarten wirdikeit,
20264 Die er an balsem hât geleit.
20265 Sant Jerônimus schrîbet alsô,
20266 Daz bî einer stat hiez Jêrichô
20267 Der balsem wüehse in Judêâ
20268 Wîlent und niendert anderswâ,
20269 Der sît bî Babilônie wart
20270 Gepflanzet und ist dâ sô zart,
20271 Daz nieman sîn gepflegen getar
20272 Denne kristen liute: nu merket, wie gar
20273 Grôze genâde unser herre dâr an
20274 Unserm gelouben hât getân:
20275 Wenne des balsems reinikeit
20276 Unsers kresmes heilîkeit
20277 Zieret in aller kristenheit.
20278 Wer könde sîne wirdikeit
20279 Gar durch gründen und sîne kraft?
20280 Des muoz ich heften einen haft
20281 An dirre materie âne mînen danc,
20282 Wenne ich fürhte si werde ze lanc.
20283 Solînus und Ysidôrus,
20284 Physiologus und her Plînius,
20285 Plâtô und meister Adellîn,
20286 Ambrôsius und sant Augustîn,
20287 Jerônimus und Orîgines,
20288 Jacob und Aristotiles
20289 Sint von natûre der schrift geziuge
20290 In irm getihte, daz ich niht liuge.
20291 Nieman sol sprechen daz ich flicke
20292 Mîn getihte, ob ich ez verzwicke
20293 Und mit der heiligen schrift bewêre:
20294 Wenne manic predige wurde unmêre
20295 Daz man si hête vür ein lügen,
20296 Swenne die pfaffen drîn niht zügen
20297 Der meister lêre und heiliger liute:
20298 Des muoz ich durch nôt bediute
20299 Mîner worte kraft mit in, den ir
20300 Vil baz geloubet denne mir:
20301 Wenne alliu lêre ist als ein wift,
20302 Der niht hilft diu heilige schrift.
20303 Rôsen muoter ist der dorn,
20304 Von gift triakels wirt geborn:
20305 Wîser juden und heiden lêre
20306 Hilfet noch der heiligen schrift vil sêre,
20307 Die uns habent getreten vor
20308 Maniger leie tugende spor:
20309 Wenne ir getrehte gienc von jugent
20310 Ûf triuwe, zuht, êre und tugent:
20311 Die vinde wir noch in iren buochen,
20312 Der si mit flîze wölte suochen.
20313 Gote sül wirz immer klagen,
20314 Daz man siht die milwen nagen
20315 Manic buoch, dâ grôziu arbeit
20316 Mit tihten und schrîben ist ûf geleit.
20317 Nu bin ich kumen über den tûr
20318 Mit kurzen sprüngen der natûr
20319 Und loufe aber her wider abe
20320 In die werlt ân widerhabe
20321 Und müet mich, swie wol ieman tuot,
20322 Daz ez der fünfte niht hât vür guot.
20323 Dô got selber ûf erden gienc
20324 Und genâden und wunders vil begienc,
20325 Dô volgte im vil volkes nâch:
20326 Durch fünf sache daz geschach:
20327 Eine die giengen nâch im besunder
20328 Daz si sêhen sîniu wunder,
20329 Eine daz er ir siuche bedêhte
20330 Und ir kraft in wider brêhte,
20331 Eine daz si in sêhen an
20332 Wie sîn antlütze wêr getân,
20333 Eine daz er si spîste
20334 Und mit lêre si underwîste,
20335 Eine mit unküste nâch im giengen,
20336 Daz si an sîner lêre in viengen.
20337 Sît er des niht mohte über werden
20338 Man vârte sîner lêre ûf erden,
20339 Wen wundert denne ob übel liute
20340 Der guoten lêre versmêhen hiute?
20341 Swaz man in gotes liebe tuot
20342 Einvelticlîchen, daz ist guot:
20343 Gevellet ez der werlde niht
20344 Dennoch ist got der ez ansiht.
20345 Nu sül wir aber vürbaz rennen
20346 Und unsern herren baz erkennen.

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Administration: Henrike Lähnemann Zuletzt geändert am 12.11.2004