Die Idee der Kunst [ist] der Mittelpunkt jener ganzen Literaturperiode, die mit dem Erscheinen Goethes anfängt und erst jetzt ihr Ende erreicht hat. (Heinrich Heine, review of Wolfgang Menzel, Die deutsche Literatur (1828), in Heine, Werke, 4 vols (Frankfurt a. M., 1968), IV: Schriften über Deutschland, ed Helmut Schanze, pp. 8-19 (p. 9).)
Es ist ein großer Unterschied zwischen etwas noch glauben und es wieder glauben. Noch glauben, daß der Mond auf Pflanzen wirke, verrät Dummheit und Aberglaube, aber es wieder glauben zeigt von Philosophie und Nachdenken. (Georg Christoph Lichtenberg, ‘Sudelbücher’ (1775-76), in Lichtenberg, Schriften und Briefe, ed. Wolfgang Promies, 3 vols (München, 1967-74), I, 353.)
Die verworrenen und ungewissen Formen der Dämmerung scheinen nun in dem immer zunehmenden Tage zerflossen, und die bezauberte Welt von der natürlichen auf ewig verdrängt zu seyn. (Christoph Martin Wieland, ‘Über den Hang der Menschen an Magie und Geistererscheinungen zu glauben’, in Sämmtliche Werke, 45 vols (Leipzig, 1794-98, repr. Hamburg 1984), XXIV, 79-80.)
Wir leben in einer Zeit, wo die Aufklärung der europäischen Nationen über ihr wahres Interesse täglich zunimmt und sie immer mehr den Grundgesetzen nähert, welche die Natur der menschlichen Gattung vorgeschrieben. (Christoph Martin Wieland, Teutscher Merkur (1773); in Christoph Martin Wieland, Aufsätze zu Literatur und Politik, ed. Dieter Lohmeier, Texte deutscher Literatur 1500-1800 (Reinbek, 1970), p. 14.)
Vorzeit, und neue Zeit
Ein schmahler rauher Pfad schien sonst die Erde.
Und auf den Bergen glänzt der Himmel über ihr,
Ein Abgrund ihr zur Seite war die Hölle,
Und Pfade führten in den Himmel und zur Hölle.
Doch alles ist ganz anders nun geworden,
Der Himmel ist gestürzt, der Abgrund ausgefüllt,
Und mit Vernunft bedeckt, und sehr bequem zum gehen.
Des Glaubens Höhen sind nun demolieret.
Und auf der flachen Erde schreitet der Verstand,
Und misset alles aus, nach Klafter und nach Schuen.
(Karoline von Günderode, Gesammelte Werke, ed. Leopold Hirschberg, 3 vols (Berlin, 1920-1922), III, 18-19 [around 1800])
Es ist das Werk der Philosophie [ein gründliches System praktischer Wahrheiten] zu entdecken; aber die Dichtkunst allein kann ihnen auf die beste Weise die würksame Kraft geben. (Johann Georg Sulzer, Allgemeine Theorie der schönen Künste, 2 vols, Leipzig, 1771-74, p. 690; article ‘Lehrgedicht’.)
Wir leben in einer Zeit, wo die Aufklärung der europäischen Nationen über ihr wahres Interesse täglich zunimmt und sie immer mehr den Grundgesetzen nähert, welche die Natur der menschlichen Gattung vorgeschrieben […]. Die Musen, als getreue Gehülfinnen der Philosophie, sind dazu bestimmt, die Seelen, welche diese erleuchtet, zu erwärmen. (Christoph Martin Wieland, Teutscher Merkur (1773); in Christoph Martin Wieland, Aufsätze zu Literatur und Politik, ed. Dieter Lohmeier, Texte deutscher Literatur 1500-1800 (Reinbek, 1970), p. 14.)
Auf dem kleinsten Raum können [die Philosophen] durch wenige mit Zeichen verbundene Zahlen Geheimnisse klarmachen, wozu Aristoteles unerträgliche Bände gebraucht hätte. So füllen sie den Kopf, und das Herz bleibt leer. Den Geist führen sie bis in die entferntesten Himmel, unterdessen da das Gemüt durch seine Leidenschaften bis unter das Vieh heruntergesetzt wird. (Gotthold Ephraim Lessing, ‘Gedanken über die Herrnhuter’ (1750), in Lessings Werke, ed. Franz Bornmüller, 5 vols (Leipzig and Wien, n. d.), V, 640-649 (643).)
Denn woher diese noch so allgemeine Herrschaft der Vorurteile und diese Verfinsterung der Köpfe bei allem Licht, das Philosophie und Erfahrung aufsteckten? Das Zeitalter ist aufgeklärt, das heißt, die Kenntnisse sind gefunden und öffentlich preisgegeben, welche hinreichen würden, wenigstens unsre praktischen Grundsätze zu berichtigen. Der Geist der freien Untersuchung hat die Wahnbegriffe zerstreut, welche lange Zeit den Zugang zu der Wahrheit verwehrten, und den Grund unterwühlt, auf welchem Fanatismus und Betrug ihren Thron erbauten. Die Vernunft hat sich von den Täuschungen der Sinne und von einer betrüglichen Sophistik gereinigt, und die Philosophie selbst, welche uns zuerst von ihr abtrünnig machte, ruft uns laut und dringend in den Schoß der Natur zurück – woran liegt es, daß wir noch immer Barbaren sind? (Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen (1794-95), in Schiller, Sämtliche Werke, ed. Gerhard Fricke and Herbert G. Göpfert, 3rd ed., 5 vols, V, 591.)
Des Vaterlands Mitte versammelt uns hier,
Nun ist es ein Tempel und Priester sind wir.
[…]
Das ist der Kunst Bestreben,
Jeden aus sich selbst zu heben,
Ihn dem Boden zu entführen;
Link und Recht muß er verlieren
Ohne zauderndes Entsagen;
Aufwärts fühlt er sich getragen!
[…]
Was heute fröhlich macht, was heute rührt,
Nicht etwa flüchtig wird's vorbei geführt;
Was heute wirkt, es wirkt aufs ganze Leben.
[…]
Empfangt das Schöne, fühlt zugleich das Gute,
Eins mit dem andern wird euch einverleibt;
Das Schöne flieht vielleicht, das Gute bleibt.
(Johann Wolfgang Goethe, ‘Prolog zu Eröffnung des Berliner Theaters im Mai 1821’, in Werke, Briefe und Gespräche, Gedenkausgabe, ed. Ernst Beutler, III: Epen, West-östlicher Divan, Theatergedichte, 2nd ed. (Zürich und Stuttgart, 1959), pp. 650-653.)
Ein Unterricht über das Leben und die Welt, wie ihn die Aufklärer […] bezwecken, [entzaubert] notwendig beides. (A. W. Schlegel, ‘Allgemeine Übersicht des gegenwärtigen Zustandes der deutschen Literatur’ (1802), in Schlegel, Über Literatur, Kunst und Geist des Zeitalters, ed. Franz Finke (Stuttgart: Reclam, 1969), pp. 3-94 (p. 67).)
Die Natur soll uns […] wieder magisch werden. (A. W. Schlegel, ‘Allgemeine Übersicht des gegenwärtigen Zustandes der deutschen Literatur’, p. 56.)
Die Welt muß romantisirt werden. (Novalis, ‘Logologische Fragmente’ (1798), in Novalis, Schriften: Die Werke Friedrich von Hardenbergs, ed. Paul Kluckhohn and Richard Samuel (Stuttgart, 1960ff.), II, 545.)
Wünschelrute
Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.
(Joseph von Eichendorff, ‘Wünschelrute’ (1835), in Eichendorff, Werke, ed. Ansgar Hillach, 3 vols (München, 1970 ff.), I, 132)
Die Poësie heilt die Wunden, die der Verstand schlägt. (Novalis, ‘Fragmente und Studien’ (1799-1800), in Novalis, Schriften: Die Werke Friedrich von Hardenbergs, ed. Paul Kluckhohn and Richard Samuel (Stuttgart, 1960ff.), III, 653.)
[Die romantische Poesie] allein ist unendlich, wie sie allein frei ist, und das als ihr erstes Gesetz anerkennt, daß die Willkür des Dichters kein Gesetz über sich leide. (Friedrich Schlegel, ‘Fragmente’ (1798), Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, ed. Ernst Behler (München, 1958 ff.), I/2, 183.)
Denn das ist der Anfang aller Poesie, den Gang und die Gesetze der vernünftig denkenden Vernunft aufzuheben und uns wieder in die schöne Verwirrung der Fantasie, in das ursprüngliche Chaos der menschlichen Natur zu versetzen. (Friedrich Schlegel, ‘Gespräch über die Poesie’ (1800), ibid., I/2, 319.)
Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. (Friedrich Schlegel, ‘Fragmente’ (1798), ibid., I/2, 182.)
Das Wesentliche im Roman ist die chaotische Form. (Friedrich Schlegel, Literary Notebooks 1797-1801, ed. Hans Eichner (London, 1957), p. 180.)
Cha[os] und eros ist wohl die beste Erklärung des Romantischen. (Friedrich Schlegel, Literary Notebooks 1797-1801, ibid., p. 176.)